Komplexer Suizid ; hab mal den Text eingestellt -- Final Step

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Date Posted: 13:37:50 10/05/11 Wed
Author: H2SO4
Subject: Komplexer Suizid ; hab mal den Text eingestellt
In reply to: FM 's message, "Sechsfacher Suizid" on 00:14:18 10/05/11 Wed

Warnung: in dieser Reihe wird es immer wieder zu Begegnungen mit und Blicke in die tiefsten menschlichen Abgr�nde kommen und obgleich ich mich stets bem�hen werde, nicht ins Sensationalistische abzugleiten, mag bisweilen die unausgeschm�ckte Realit�t bereits mehr sein, als manche(r) ertr�gt.

Diesmal: ein Fallbericht serbischer Kollegen �ber einen komplexen Suizid, bei dessen Durchf�hrung sechs verschiedene Methoden der Selbstt�tung gleichzeitig angewendet wurden.

Zun�chst zur Begriffsabkl�rung: unter �Suizid" (der Begriff �Selbstmord" wird unter Forensikern nicht verwendet) versteht man das

�willentliche Beenden des eigenen Lebens, sei es durch beabsichtigtes Handeln oder absichtliches Unterlassen von lebenserhaltenden Ma�nahmen, z. B. lebenswichtige Medikamente, Nahrungsmittel oder Fl�ssigkeit zu sich zu nehmen." aus Wikipedia

Die rechtsmedizinische Terminologie kennt dar�ber hinaus die erweiterten Begriffe des �komplexen Suizid" (CS), der einen Suizid mit mehr als einer angewandten T�tungsmethode bezeichnet. Dieser wird noch einmal unterteilt in prim�ren und sekund�ren komplexen Suizid. Unter prim�rem CS versteht man die gleichzeitige �Ausl�sung" oder Anwendung der T�tungsmethoden (wie z.B. Erschie�en und Erh�ngen), beim sekund�ren CS erfolgen die Anwendungen in rascher, chronologischer Reihenfolge.
Au�erdem unterscheidet man zwischen geplantem und ungeplantem CS. Bei ersterem gelangt eine zuvor geplante Anzahl von Methoden zur Anwendung, bei zweitem wird eine weitere ungeplante Methode eingesetzt, nachdem die zuvor versuchten, geplanten Mittel fehlgeschlagen sind. Komplexe Suizide machen insgesamt zwischen 1,5 und 5% aller Suizide aus.

Der diesem Beitrag zugrundeliegende Artikel befasst sich mit einem besonders krassen Fall von komplexem Suizid, da der Suizident ganze sechs Methoden f�r die Herbeif�hrung seines Todes kombiniert hat.

Hintergrund
In der sehr kalten Nacht (-8�C) vom 23. auf den 24.01.2010 wurde ein 44-j�hriger Mann tot in der N�he seines Autos aufgefunden. Die Autot�ren waren ge�ffnet, Kopf und Oberk�rper des Mannes waren blutbespritzt, Werkzeuge oder Waffen in unmittelbarer N�he wurden nicht gefunden. Hinter der Windschutzscheibe entdeckte man einen zweiseitiger Abschiedsbrief, der zwar Zuneigungsbekundungen zu seiner Familie jedoch kein Motiv f�r den Suizid enthielt; in der Tat bat der Verstorbene seine Frau sogar, den Suizid zu verschweigen und stattdessen einen Autounfall als Todesursache anzugeben.
Auf dem Beifahrersitz befanden sich ebenfalls Blutspuren, aber auch ein Schraubenziehergriff, ein Wagenheber, eine Rasierklinge, ein Mobiltelephon, Autoschl�ssel und eine Wollm�tze. Im Fu�raum lagen zwei halbleere rote Plastikflaschen mit Salzs�ure und eine fast leere, durchsichtige Plastikflasche unbekannten Inhalts. Ein Kassenzettel, der ebenfalls gefunden wurde, stammte von einem �rtlichen Supermarkt und belegte den Kauf eines Schraubenziehers, einer Packung Rasierklingen und zweier Flaschen Salzs�ure.
Die polizeiliche Untersuchung richtete sich vornehmlich auf den Ausschluss eines m�glichen T�tungsdeliktes und nicht auf die Aufkl�rung des Motivs f�r den Suizid. Die f�r den Verstorbenen verf�gbaren medizinischen Aufzeichnungen enthielten keinen Hinweis auf eine psychische St�rung, auf vorherige Suizidversuche oder auf eine kurz vor dem Tod bestehende Medikamentation.

Ergebnisse der Obduktion
Bei der Obduktion wurden Anzeichen einer starken Unterk�hlung gefunden (gefrorene Kleidung und Haut, kirschrote Totenflecke). Zudem fanden sich sechs oberfl�chliche Einschnitte am linken Unterarm in H�he des Handgelenks und ein Schnitt an der Innenseite des linken Oberschenkels, ohne da� dabei jedoch eine Arterie verletzt worden war. An der linken Halsseite wurde ein oberfl�chlicher und vorne am Hals ein 2 cm tiefer Schnitt festgestellt. In der rechten Schl�fenregion wurde ein 1,5 cm herausragendes Ende (f�r Kreuzschrauben) eines Schraubenzieherschafts (ohne Griff) entdeckt.

BILD

Der Schaft hatte den gro�en rechten Fl�gel des Keilbeins, den rechten Frontal- und Parietallappen und schlie�lich den linken Parietallappen durchbohrt, wo das andere Ende des Schafts (f�r Schlitzschrauben) entdeckt wurde. Der Wundkanal war insgesamt 11 cm lang.

BILD

Am Sch�del wurden noch drei weitere spaltf�rmige Stichwunden gefunden, zwei in der Parietalregion, die beide ein epidurales H�matom zur Folge hatten, und eine mitten auf der Stirn, die die Hirnh�ute verletzt hatte und 5 cm tief in den Frontallappen gedrungen war.
Das Hirn war angeschwollen und wog 1,64 kg. Es wurden Anzeichen f�r eine lebensgef�hrliche tonsill�re Herniation gefunden.
Im Bereich der Schleimhaut des Zw�lffingerdarms und dem vorderen Bereich des D�nndarms bestanden Anzeichen einer S�urever�tzung, ohne da� es jedoch zu einer Perforation gekommen war. Der pH-Wert des Mageninhalts lag bei 2.

Toxikologischer Befund
Untersucht wurden Blut, Urin, Gallenfl�ssigkeit und Magen- und Darminhalt. Keine bedeutsame Alkoholkonzentration wurde festgestellt. In Magen und Darm fanden sich Spuren des Insektenvernichtungsmittels Cypermethrin, das sich sp�ter auch als die Substanz in der Flasche mit zuvor unbekanntem Inhalt herausstellte. Die Analyse von Blut, Urin und Gallenfl�ssigkeit bliebt ergebnislos.
Die Reste in den roten Plastikflaschen wurden als Salzs�ure best�tigt.

Die sechs kombinierten T�tungsmethoden waren also im Einzelnen

■Schnitte an den Handgelenken

■Schnitte am Hals

■Einnahme von Salzs�ure

■Stiche zum Kopf mit einem Schraubenzieher

■Einnahme von Insektenvernichtungsmittel

■Unterk�hlung

Todesursache
Die Zusammenfassung aller Befunde ergab, da� mehrere Stichwunden in den Kopf mit dadurch verursachter Hirnblutung und nachfolgender massiver Hirnschwellung und tonsill�rer Herniation die Todesursache und -mechanismus waren.
Externer Blutverlust durch Schnitte an Handgelenken und Hals, sowie durch die Stichwunden zusammen mit Unterk�hlung trugen zum Tod bei.
Die toxikologischen Befunde und die internen Ver�tzungen ohne Perforation belegten zwar die Einnahme von Salzs�ure und Insektengift, schlossen aber den Tod durch Vergiftung / innere Verletzungen aus.

Tod durch CS ist selten und meistens kommen zwei oder h�chstens drei Methoden zur T�tung zur Anwendung. In lediglich einem anderen Fall ist in der Literatur die Anwendung von f�nf Methoden nacheinander beschrieben. Ob im vorliegenden Fall Unterk�hlung tats�chlich als geplante T�tungsmethode eingesetzt wurde, l��t sich nicht eindeutig bestimmen, es ist allerdings aufgrund einiger Indiziden (offene Fahrert�r, Motor ausgeschaltet, leichte Bekleidung, K�rper 1,5 m vom Fahrzeug entfernt) wahrscheinlich.
Die Differenzierung zwischen suizidaler und m�glicher Fremdbeibringung der t�dlichen Kopfwunden wurde von den Rechtsmedizinern vorgenommen. Sie gelangten nach genauer Untersuchung der Wundkan�le, des Hirngewebes, der epiduralen Blutungen und der Hirnschwellung zu der Auffassung, da� alle Wunden auch hintereinander vom Verstorbenen sich selbst beigebracht worden sein konnten.

Tod durch komplexen Suizid wurde endg�ltig festgestellt.

F�lle wie dieser sind also sehr selten, dieser d�rfte sogar der erste beschriebene mit sechs angewendeten Methoden sein. So ein Fall ist sicher auch von Interesse f�r die noch nicht so lange existierende, spezialisierte und transdisziplin�re Wissenschaft vom Suizid, der Suizidologie.

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Replies:

Re: Sechsfacher Suizid -- hAAAANS, 23:55:58 11/05/11 Sat