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Date Posted: 14:40:05 10/10/01 Wed
Author: anna
Subject: Freitod und Freitodversuch

"Gesetzlich existiert das Freitodrecht längst. Dennoch bleibt es gesellschaftlich ein Tabu: In keiner modernen Gesellschaft ist es zu einem positiven Menschenrecht ausgearbeitet worden. Geprägt durch Platons Einfluss wurde der Freitod in der Antike als Ungehorsam gegenüber dem Staat ausgelegt. Aus freien Stücken entscheiden durfte sich allenfalls der freie Mann aus der Oberschicht, aber erst nach dem Einholen einer Art staatlichen Genehmigung. Anstelle der staatlichen und der religiösen Bevormundung ist der medizinisch-industrielle Komplex getreten.(...) Der Staat zieht Substanzen, die den Freitod erleichtern, vorsorglich möglichst rasch aus dem Verkauf, den gefährdeten Selbstmordversuchern soll eine hotline Hilfe bringen, damit aus ihrem Alarmruf kein Ernstfall entstehe,(...).An dieser Stelle müsste eine allgemeine Sozialkritik gegen das unausgereifte Freitodverständnis einsetzen, gegen die latente, subtile Bevormundung durch die auf Sicherheit und unsinnige Lebenserhaltung getrimmte Gesellschaft, in der die Sinnsuche vielfach durch den Kult der Gesundheit sowie den Wunsch nach möglichst umfassender Kontrolle ersetzt worden ist. (...) Es braucht weder eine tiefsinnige noch eine leichtfertige Moral, um ein Freitodrecht nicht bloss rechtlich zu erwähnen, sondern auch öffentlich zu vertreten. Dieser Schritt verlangt jedoch keine naive oder nihilistische Verherrlichung der Selbsttötung. In einer Freitodmoral darf der Freitodsuchende kein Held sein. Ausschlaggebend ist, dass er seine Tat mit Nachsicht und Umsicht gegenüber seinem Bekanntenkreis verübt. (...) In einer humanen Gesellschaft soll der Freitod nicht mehr durch gewalttätige Methoden vollbracht werden müssen. Gerade aber zu harten Selbstmordakten reizt unsere Gesellschaft, um die SelbstTOETUNG zum SelbstMORD hochzuspielen.
Dass die Institutionalisierung der Selbsttötungsverhütung, d.h. die Bereitstellung von Anlaufstellen, gleichzeitig Apellsuizide (Suizidversuche) sprunghaft ansteigen lässt, wäre einer ernsthaften empirischen Untersuchung wert. Anscheinend nehmen wir Suizidwillige so lange ernst, wie wir sie für krank erklären können. (...) Vor lauter Hilfe für Suizidversucher wird die mögliche Selbstbestimmung zum Freitod verdrängt. Es wird verkannt, dass der echte Suizidant mit seiner Tat den Tod sucht, den Suizidversuchenden hingegen eine Handlungsweise kennzeichnet, mittels der er eine bestehende Situation zu seinen Gunsten verändern will. ( Anm. nuklear: *es etwas vereinfacht finde*)(...)Selbstmorddrohungen, die keine psychotischen Reaktionen sind, durchdringen unsere gesamte Sozialstruktur.(...)
Bei einem unverkrampften gesellschaftlichen Verhältnis zum gewaltlosen Freitod, d.h bei der kontrollierten Abgabe von tödlichen Substanzen an Erwachsene unterstützt durch massive präventive Massnahmen, die Depressiven andere Apellmöglichkeiten als die des Selbstmordversuches darbieten, nähmen erfolglose Selbstmorversuche drastisch ab.

in etwa von R.H. Wettstein übernommen

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