Verursacher soll die Fl�chtlinge aufnehmen -- WERTHEIM

[ Show ]

Support VoyForums

[ Shrink ]

VoyForums Announcement: Programming and providing support for this service has been a labor of love since 1997. We are one of the few services online who values our users' privacy, and have never sold your information. We have even fought hard to defend your privacy in legal cases; however, we've done it with almost no financial support -- paying out of pocket to continue providing the service. Due to the issues imposed on us by advertisers, we also stopped hosting most ads on the forums many years ago. We hope you appreciate our efforts.

Show your support by donating any amount. (Note: We are still technically a for-profit company, so your contribution is not tax-deductible.) PayPal Acct: Feedback:

Donate to VoyForums (PayPal):

[ Login ] [ Contact Forum Admin ] [ Main index ] [ Post a new message ] [ Search | Check update time | Archives: 1, 2, 3, 4 ]

[ Next Thread | Previous Thread | Next Message | Previous Message ]

Date Posted: 06:27:20 12/21/14 Sun
Author: Seit 1945 sechs Millionen Tote in US-Kriegen
Subject: Verursacher soll die Fl�chtlinge aufnehmen
In reply to: aber nicht dumm und lemmingm��ig 's message, "Toleranz ein Fremdwort? Stimmt nicht" on 00:00:46 12/21/14 Sun

Von Ignaz Staub, 09.01.2012
In einem Meinungsbeitrag f�r die �Washington Post� geht MIT-Politologe John Tirman der Frage nach, weshalb sich die USA nur selten mit den zivilen Opfern ihrer Kriege besch�ftigen. Dabei haben Amerikas gr�ssere Interventionen seit dem 2. Weltkrieg �kolossales Blutvergiessen� verursacht. Konservative Sch�tzungen gehen von mindestens sechs Millionen toten Zivilisten und Soldaten aus.

�Unser mangelndes Bewusstsein hat weniger mit einem Versehen als mit Gewohnheit zu tun�, schreibt John Tirman, der zum Thema auch ein Buch verfasst hat (�The Deaths of Others: The Fate of Civilians of America�s Wars�). Die Amerikaner, so der Autor, s�hen sich selbst als grossz�gig und einf�hlsam, und oft seien sie das auch, so etwa im Falle von Naturkatastrophen wie dem Tsumani in Asien im Jahre 2004 oder dem Erdbeben in Haiti vor zwei Jahren: �Wenn es jedoch um unsere Kriege in �bersee geht, k�mmern wir uns lediglich um das Schicksal der US-Truppen.�

Jon Tirman nennt erschreckende Zahlen. In Korea seien Sch�tzungen zufolge w�hrend dreier Kriegsjahre drei Millionen Menschen gestorben, rund die H�lfte unter ihnen Zivilisten � eine Folge der Bev�lkerungsdichte auf der koreanischen Halbinsel und der h�ufig wechselnden Kriegsfronten. Der Krieg in Vietnam und dessen Ableger in Laos und Kambodscha waren dem Politologen des renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) zufolge noch t�dlicher: Laut �hnlichen Annahmen mehrerer Forscher starben in Vietnam zwischen 1,5 und 3,8 Millionen Zivilisten und Bewaffnete, in Kambodscha zwischen 600 000 und 800 000 Menschen und in Laos rund eine Million. Zwei wissenschaftliche Untersuchungen sch�tzten 2006 die Zahl der Toten im Irak auf zwischen 400 000 und 650 000 und jene der Opfer in Afghanistan auf rund 100 000.

Sorglose Haltung

Tirman r�umt ein, dass diese Zahlen nur bedingt g�ltige Schl�sse zuliessen, weil die einen Sch�tzungen lediglich Opfer direkter milit�rischer Gewalt z�hlten, andere jedoch auch Opfer sogenannt �struktureller� Gewalt� erfassten, d.h. zum Beispiel jene Menschen, die als Folge des Zusammenbruchs eines Gesundheitssystems sterben: �Der Umstand, dass wir kein offizielles System kennen, um die Opfer zu z�hlen, ist ein Indiz f�r die sorglose Haltung, die unsere Kriege begleitet.�

Der Mangel an Mitgef�hl �ussert sich dem MIT-Forscher zufolge auch in der weitgehenden Absenz von Zivilisten in Hollywood-Filmen, Dokumentarfilmen und Romanen: �Die Unterhaltungsindustrie portr�tiert diese Kriege eher selten und falls doch, fast immer mit Fokus auf die Amerikaner.� Eine lobenswerte Ausnahme war 2006 Clint Eastwoods �Letters from Iwo Jima�, ein Film, der den Krieg im Pazifik w�hrend des 2. Weltkriegs, konkret die erbitterte Schlacht um die Insel Iwo Jima, aus Sicht der japanischen Verteidiger zeigt und aus Briefen der Soldaten an Angeh�rige zu Hause zitiert.

Der Mythos von der Grenze

Ausserdem sind in den USA Umfragen zur Haltung zivilen Opfern gegen�ber selten. Falls es trotzdem welche gab, waren deren Ergebnisse gem�ss Tirman �erstaunlich�. Eine Harris-Umfrage ergab 1968, dass vier Prozent der Amerikaner ziviler Verluste wegen ein Ende des Krieges in Vietnam bef�rworteten. Als sich die Nachrichtenagentur AP 2007 bei Amerikanern nach der Zahl toter Iraker erkundigte, sch�tzten Befragte die Zahl der Opfer im Schnitt auf 9890 - zu einem Zeitpunkt, als die tats�chliche Zahl schon mehrere Hunderttausend betragen haben d�rfte. Andere Umfragen ergaben 2007 und 2008, dass sich eine klare Mehrheit der Amerikaner f�r einen Truppenr�ckzug aus dem Irak aussprach, auch wenn das die Gefahr eines B�rgerkriegs erh�hte: �Heute gibt es praktisch keine Unterst�tzung f�r eine Wiederaufbauhilfe im Irak oder in Afghanistan � keine Kampagnen gr�sserer Hilfswerke, keine Bereitschaft, irakische Fl�chtlinge aufzunehmen.� Die Reaktion der USA auf so viele Tote im Irak, auf f�nf Millionen Vertriebene und ein zerst�rtes Land, folgert John Tirman sei �erschreckend gleichg�ltig.�

Dem MIT-Forscher zufolge beeinflusst �the frontier myth� (ein Begriff des Kulturhistorikers Richard Slotkin) Amerikas Haltung zivilen Opfern gegen�ber. Dieser Mythos besagt, dass Gewaltanwendung rechtens und gerecht ist, wenn es darum geht, Wilde zu unterwerfen oder zu vernichten, deren Land die Amerikaner zu erobern versuchen: �W�hrend Jahrhunderten ist der Mythos Grenze eine der unverw�stlichsten nationalen Erz�hlweisen gewesen.� Demgem�ss waren in Korea und Vietnam �schlitz�ugige� Asiaten die Wilden, die es zu unterwerfen galt; im Irak und in Afghanistan waren Muslime oder militante Islamisten die Repr�sentanten gesetzloser Kulturen, die es zu zivilisieren galt.

Die Opfer sind schuld

John Tirman zitiert den Politikexperten Robert D. Kaplan, der 2004 in einem Meinungsbeitrag f�r das �Wall Street Journal� geschrieben hat: �Die Metapher vom roten Indianer ist eine Gedankenst�tze, die unter Vertretern der liberalen Nomenklatura Unbehagen ausl�st; Feldoffizieren der Armee und der Marineinfanterie aber leuchtet sie ein, weil sie die Herausforderungen des Kampfes im fr�hen 21. Jahrhundert perfekt widerspiegelt.� Nicht umsonst lautete im Mai 2011 der milit�rische Kodename f�r die Operation zur T�tung Osama bin Ladens im pakistanischen Abottabad �Geronimo�.

Die schl�ssigste Erkl�rung f�r Amerikas Desinteresse zivilen Kriegsopfern gegen�ber ist laut Tirman die psychologische Theorie von einer �gerechten Welt�. Dieser Theorie zufolge gehen Menschen davon aus, dass die Welt ordentlich und rational sein sollte. Ist das nicht der Fall, empfinden sie ein negatives Ereignis als Abweichung von der Norm, was Amerikas Reaktion auf die Gewalt in Korea, in Vietnam, im Irak und in Afghanistan erkl�re: �Als die Kriege schlecht zu laufen begannen und die Gewalt eskalierte, nahmen das die Amerikaner nicht zur Kenntnis oder schoben den Opfern die Schuld daf�r in die Schuhe.� Die �ffentlichkeit habe im Fall von Zivilisten hohe Sterberaten, Vertreibungen und Zerst�rungen ignoriert, weil solche Ph�nomene nicht mit ihrem Selbstverst�ndnis und ihrer Auffassung von der Rolle Amerikas in der Welt �bereingestimmt h�tten.

Eine solche Haltung aber hat nach John Tirman gravierende Folgen: �Vielleicht die wichtigste Konsequenz ist jene, dass die Gleichg�ltigkeit unseren milit�rischen und politischen F�hrern erlaubt, weitere Interventionen zu verfolgen.� Jedenfalls fordern derzeit in den USA republikanische Pr�sidentschaftskandidaten im Atomstreit mit dem Iran unwidersprochen, statt weiterhin auf Diplomatie zu setzen, die Nuklearanlagen der Islamischen Republik zu bombardieren. Ein neuer Angriff am Golf aber h�tte wieder unvorhersehbare Folgen.
Kontakt
ignaz.staub@journal21.ch

[ Next Thread | Previous Thread | Next Message | Previous Message ]