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Date Posted: 10:32:36 10/13/01 Sat
Author: Morgenmuffel
Subject: Re: Verunsicherung im Freundeskreis
In reply to: Soran 's message, "Re: Verunsicherung im Freundeskreis" on 04:43:06 10/13/01 Sat

>Also ich denke immer noch, dass für eine grosse
>Mehrheit der Menschen,
>die nie für längere Zeit Selbstmordgedanken hatten,
>so eine Offenbarung ehe eine Belasung ist.

Hallo Soran,
das mag ja sein.
Ich gebe zu, das kann ich persönlich schwer nachvollziehen, weil ich selbst diese Gedanken und Gefühle schon immer seit frühester Kindheit unterschiedlich stark und auch mehr oder weniger bewusst hatte.
Aber dann wird’s meiner Meinung nach echt endlich Zeit, dass sie damit lernen damit umzugehen.
Wir haben hier, wie schon mal in einem anderen Posting ziemlich wütend bemerkt, eine Kultur, die das Thema Tod verdrängt. Und es erst recht den Gedanken nicht aushält, dass es Menschen gibt, die freiwillig den Tod wählen.
Drum denk ich, ist es sogar unser aller Aufgabe, soweit wir das auch schaffen, ohne uns zu überfordern oder gar daran endgültig zu zerbrechen, dafür zu sorgen, dass wenigstens im kleinen Kreis ein Umdenken stattfinden kann.
Warum soll ich denn mein Umfeld schonen? Es behüten vor meinen „ach so schlimmen“ Gedanken? Verdammt noch mal, dann sollen sie es lernen. Und wenn sie überhaupt nicht klarkommen, dann bin ich auch so frei und gebe ihnen die Adresse meiner Psychotherapeutin oder anderer Krisenauffangdienste, die ihnen helfen können, ihr Problem mit dem Suizid aufarbeiten zu können.
Dieser von Dir erwartete „Schonwaschgang“ geht mir auf den Keks, ich gebe es zu.
Mensch, ich habe ein Trauma erlebt (von dem ich hier nicht berichten werde, es braucht niemand zu fragen). Meine Welt ist auch nicht in Ordnung. Ich bin nicht dafür verantwortlich, für kleine nette heile Welten bei meinen Freunden, Bekannten und Verwandten zu sorgen, diese weiter zu pflegen und zu hegen.
Man kann nicht erwarten, dass die „negative“ Welt nur im Fernsehen vorkommt, so dass man den Apparat rechtzeitig ausschalten kann, bevor es einen berühren würde.
Das geht mir ja hier schon tierisch auf den Senkel, wenn Leute in den chat kommen, deren Welt eigentlich ganz lieb und nett ist, die sich aus purer Langeweile halt mal hier aufhalten und andere mit saublöden Fragen so lange aushorchen, bis sie genug haben und sie lieber wieder auf den Ende-Knopf drücken um in ihre geordnete Welt zurückzukehren.
Versteh das jetzt richtig, das hat jetzt nichts direkt mit Dir persönlich zu tun.
Das gehört zu diesem gesellschaftlichen „Ach-verschont-uns-doch-bitte“-Programm, das mir schon lange auffällt. Und drum hier auch dieser Ausbruch, wenn ich solche Aussagen und „Bitten“ oder „Aufträge“ an User im Forum lese.
Du bist nicht der einzige, der so etwas immer wieder fordert.
Ich krieg meinen Kotzanfall hier - immer wieder, hab aber einfach nicht den Nerv, gleich auf jeden Mist zu reagieren. Also bezieh die Dynamik meines Ausbruchs bitte nicht auf Dich alleine. (Ups, jetzt schalt ich bei Dir auch schon das Schonwaschgangprogramm ein, muss direkt grinsen)

>Eben weil sie der Meinung sind, dass Selbstmord kein
>Ausweg ist.

Denken dürfen sie was sie wollen, aber sie sollen mich damit verschonen.



>Ich denke, jemanden *wirklich* verstehen, der gerade
>sich selbst vernichtet,
>der erste Schritt zu eigener Selbstzerstörung sein
>kann;
>nicht weil man das Leid teilt, sondern weil man in
>einen Abgrund blickt,
>den man mit dem normalen Verstand nicht erfassen kann ,
>ich denke im Extremfall kann man davon einfach
>verrückt werden.

Ich weiß, was Du damit meinst.
Aber es ist dann der Abgrund in demjenigen selbst. Und ich sehe es nicht unbedingt als schlecht an, wenn er damit mal konfrontiert wird, es handelt sich ja ev. um seine eigene Todesangst.
Außerdem, wenn ich jemanden gleich in den Wahnsinn treibe, nur weil ich ihn mit meinen Suizidgedanken konfrontiere, dann war der wohl nicht gerade sehr stabil und sowieso schon am Abgrund gestanden.
Denk Deine Aussage mal bitte noch mal durch, Du glaubst doch nicht im Ernst, dass meine Suizidalität so massive Auswirkungen hat auf die psychische Stabilität von meinem Freunden?
Außerdem hab ich Probleme mit der Aussage „sich selbst vernichtet“, ich halt mich einfach nur selber nicht aus.

>Wenn einer, der ihnen nicht so nahe steht, so was
>erzählt,
>dann würden sie sich warscheinlich instinktiv zu
>schützen versuchen,
>entweder bei einem "naja vergiss es, war ein Fehler
>von mir darüber zu reden"( oder so )
>darauf eingehen, oder sich einfach emotional/seelisch
>davon ein wenig distanzieren,
>von Dir, von Deiner Welt, von was auch immer,

Das sehe ich auch so. Aber nicht nur bei Leuten, die mir nicht so nahe stehen.

>aber wenn es wirklich so ein guter Freund ist,
>kann er das einfach nicht,
>und den kannst Du damit in Deine Welt hinein ziehen !

Liebe Güte, Du gehörst wohl auch zu denen, die der Meinung sind, dass es Suizidforen eigentlich gar nicht geben dürfte, weil wir uns alle gegenseitig irgendwo rein- und runterstürzen.
Warum bitte, bist Du dann eigentlich hier im Forum? Und schützt Dich nicht davor in unsere Wahnsinnswelten mit reingezogen zu werden?

Gruß, Morgenmuffel

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Replies:

• Woher so viel Wut ? -- Soran, 17:07:42 10/13/01 Sat
  • Re: Woher so viel Wut ? -- Morgenmuffel, 18:14:43 10/14/01 Sun
    • Doppelt, wegen HTML-Fehler in dem Ersten -- Soran, 14:15:46 10/15/01 Mon