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Date Posted: Sat, June 18 2016, 10:38:50
Author: Paul
Subject: Der Turm

Autor: Unbekannt


Der Turm

Die August-Sonne ging wie ein feuerroter Ball im Westen unter.
"Über sieben Brücken mußt Du gehen..."
Dieser schwachsinnige Liedtext kam ihr in den Kopf, als sie sich, dem beschriebenen Weg folgend, über die zweite Holzbrücke am Ende des sich neigenden Tages quälte. Das Wasser unter ihr sah eklig aus. Wie eine grüngelbe Schlange wand es sich durch die mit dichtem Gras und eigenartigen Wurzeln und Pflanzen bewachsene Uferböschung.

Jeanny war 38 Jahre alt und eine große Frau. Ihr langes rotes Haar leuchtete in der Sonne. Ein hübsches Gesicht, dem man das Alter nicht direkt ansah, beherrscht von großen olivgrünen Augen. Sie war nicht gerade üppig, eher eine von denen, die sich spät entwickelt hatten.

Lange Zeit, als ihre Mitschülerinnen, schon, so wie es ihr vorkam, mit riesigen Titten ausgestattet waren und schon längst mit Jungs rumzogen, um sich mit ihnen, wie auch immer, zu vergnügen, hatte sie in Parks unter Bäumen gesessen, Gedichte geschrieben und war ihren eigenartigen Tagträumen nachgehangen, die sich zwar auch schon mit dem anderen Geschlecht beschäftigten, aber anders, als bei den anderen Mädchen.

Sie träumte von Männern - erwachsenen Männern, großen, dunklen, starken Männern, die keine "Kleine-Jungs-Gespräche" über Autos die ihre Väter fuhren oder frisierte Mofas führten. Sie träumte von "echten Männern", die ihr zeigten wo es lang ging, sich nicht von kleinen Mädchen provozieren ließen, sondern sie einfach packten, übers Knie legten und Dinge mit ihr taten, von denen sie noch keine genaue Vorstellung hatte.

Ihre Phantasie ging damals schon jene verschlungenen Wege, die sie an die Grenzen ihrer Vorstellungskraft führten, hinter denen eine fremde Welt lauerte, die es zu erforschen und zu erobern galt.

Ihr war früh klar geworden, daß sie anders war. Irgendwie pervers, wie ihre Eltern es sagten, als sie einmal im Fernsehen eine Reportage über eine masochistische Frau zu sehen bekamen. Damals wußte sie noch nicht, was das für sie bedeuten sollte und was es für ihr weiteres Leben an Fallen bereithielt, die sie immer wieder aus unbefriedigenden Beziehungen ausbrechen ließen, in denen sie an Männer geraten war, die nicht mit ihrem dominanten, wilden Naturell zurechtkamen, die unfähig waren, ihr die Stirn zu bieten.

Heute wußte sie es besser, war dank des Internets nach vielen Jahren des Suchens nach sich selbst endlich an den Punkt gekommen, wo sie sich wiederfand. An dem sie erkannte, wer und was sie war.

Sie dachte in genau diesem Moment an all diese Dinge - hier auf der Brücke, oberhalb der sumpfigen Kloake, mit den schleimigen Schlieren in ihrem schmalen Bett. Sie wandte sich angewidert davon ab und setzte ihren Weg fort.

Hohe Schuhe und teilweise lehmiger Waldboden! Eine tolle Kombination. Dort wo die Sonne, den ganzen schwülen Sommertag lang keinen Weg durch die dichten Bäume gefunden hatte, breiteten sich matschige Pfützen aus, die sie manchmal nur durch einen mutigen Sprung überqueren konnte, weil sie sich quer über die gesamte Breite der dicht bewachsenen Wege zogen.

Ihr sowieso schon recht freizügiges weißes Sommerkleidchen, welches wenig der Phantasie eines geneigten Betrachters überließ, war mittlerweile unterhalb der rechten Hüfte zerrissen. Ein senkrechter Spalt in dem zarten Stoff, der einen so großen Teil ihrer schlanken braunen Beine freilegte, daß jeder Spanner im Gebüsch seine helle Freude daran gehabt hätte.

Die Brombeeren hatten ihr Kleid ruiniert, als sie versucht hatte, sich staksend, wie ein junges Reh einen Weg hindurch zu bahnen. Dort, am Eingang des Geländes, dort wo der hässliche Maschendrahtzaun die Landschaft verschandelte, wuchsen die Dinger so dicht, daß sie einen schier unüberwindbaren Wall zwischen der von Zivilisationsmüll übersäten Steinwüste mit der alten Burg-Ruine im Hintergrund und dem dichten Wald bildeten, der das Gelände komplett einschloss.

Dazwischen, überall verstreut, wie Boten einer längst überholten Vergangenheit, Teile der alten Befestigungsmauer, die sich perfekt in die bizarre Einheit der Landschaft einfügten und auf deren Kamm in grauer Vorzeit, die Burgfräulein flaniert haben mochten - von der edle Ritter ihre Katapulte abschossen. Doch dies alles war lange her.

Heute war sie allein - noch!

'Mann, Jeanny, worauf hast Du Dich nur wieder eingelassen?'
Diese Frage drängte sich ihr schon seit dem Zeitpunkt auf, seitdem sie, gleich vor dem schmuddeligen Großstadtbahnhof, das Taxi bestiegen hatte, um sich durch die immer noch sengende Spätnachmittagshitze an diesen gottverlassenen Ort karren zu lassen.

Ungläubig hatte sie der Taxifahrer mit seinen schlammbraunen Augen gemustert, die in einen Sumpf unter einen Baumstamm gehörten, jedoch mitten im Gesicht eines schmierigen Libanesen saßen, sie anstarrten und wahrscheinlich gerade im Geist auszogen, als sie ihm mitgeteilt hatte, wohin er sie bringen sollte.

Doch jetzt war sie hier, hatte einen weiteren seiner widerwärtigen Blicke auf ihre Brüste geerntet, im Angesicht des saftigen Trinkgeldes, welches sie ihm in die schwitzige Hand gedrückt hatte.

Und kämpfte sich allein durchs Unterholz.

Der Turm wußte um die Dunkelheit, die sich über das Terrain breitete, wenn die Erddrehung das Land vor der Sonne versteckte und er wußte um die Dunkelheit der menschlichen Seele. Hoch gewachsen, mit seinen beinahe komplett erhaltenen Zinnen, baute er sich dunkel und moosüberwuchert vor Jeanny auf.

Die kleinen, mit Brettern vernagelten runden Fenster starrten auf sie hinunter wie halbgeschlossene Augen, die, wenn sie hinter ihre Bretterlider sehen könnte, eine Vielzahl bunt schillernder Facetten freigeben würden, wie das Auge einer Fliege.

Die Tür des Turmes lag an der Ostseite, wo jetzt kein Sonnenstrahl mehr sie erreichte. Das massive Eisenschloss baumelte zerborsten an einem kreisförmigen Ring. Lange, verwitterte Holzlatten lagen umher, mit steil herausragenden, rostigen Nägeln. Der Ort wirkte auf eine eigentümliche Weise verlassen und Jeanny mußte unwillkürlich schaudern.

Geschafft! Sie legte die Hände auf ihre fröstelnden Oberarme und fragte sich, ob es wohl eine gute Idee gewesen war, auf die Strickjacke zu verzichten. Ihre Tasche hatte sie, wie ER sie angewiesen hatte, in dem verlassenen Container vor dem Zaun abgestellt und ihn mit dem Schlüssel, den ER ihr vor einer Woche nach Hause geschickt hatte, sorgfältig abgeschlossen. Den Schlüssel hatte sie hinter einem nahen Fliederbusch versteckt. Sie würden sie später wieder abholen, wenn sie mit dem fertig waren, was sie hier zu tun gedachten. Was ER mit ihr tun wollte!

Jeanny sah sich um. Versuchte zwischen den alten Bäumen irgendeine Bewegung auszumachen, die seine Ankunft ankündigte, doch sie konnte in der schleichenden Dämmerung nichts erkennen. So blieb ihr nichts anderes übrig, als die knarrende Holztür aufzustoßen und einen vorsichtigen Blick in das Dunkel zu wagen, das ihr wie eine hungrige Katze entgegen sprang.

Ein widerlicher Geruch nach Moder und Urin schlug ihr mit klammen Händen ins Gesicht. Für einen kurzen bangen Augenaufschlag lang erwartete sie fast, daß sich jetzt das schmutzstarrende Antlitz eines Penners vor ihr auftun würde, der diesen Ort zu seinem Nachtlager auserkoren hatte. Doch das einzige was sich regte, waren die müden Flügel einer Fledermaus, die, von ihrer Anwesenheit unbeeindruckt, unterhalb der fünften Stufe der schmalen Steintreppe, die sich in irren Windungen nach oben schraubte, hing und schlief.

Vorsichtig, um das winzige Tier nicht zu stören, schlich sie sich hinein in die modrige Dunkelheit und bereute sofort, nicht wenigstens die kleine Taschenlampe mitgenommen zu haben, die an ihrem Schlüsselbund hing. Doch der Schlüssel befand sich in ihrer Reisetasche, die in einem dreckigen Baucontainer ihrer Rückkehr harrte.

So leise wie möglich ging sie vorsichtig die ungleichmäßigen, von großen Rissen und abgeplatzten Steinfragmenten übersäten Stufen hinauf, immer darauf gefasst, jeden Moment zu straucheln und zu stürzen. Doch sie hielt sich tapfer.

Jeanny fragte sich, warum sie so darauf bedacht war keinen Lärm zu machen. Hier war offensichtlich niemand. Und wenn doch, dann, so hoffte sie, würde er mindestens genau so viel Angst haben wie sie.

Ein kühler Luftzug bedeutete ihr, daß sie oben angekommen war. Es zog mächtig durch die Ritzen einer weiteren Tür, die sich um ein Vielfaches mühsamer aufstemmen ließ als die Erste. Jeanny mußte sich mit ihrem gesamten Körpergewicht dagegen werfen um sie zu öffnen.

Erstaunt stellte sie fest, wie groß die runde Fläche war, die sich nun vor ihr auftat. Bestimmt acht Meter im Durchmesser, schätzte sie spontan. Sie mußte die Lider mehrmals zukneifen und wieder öffnen, um sich an das fahle Licht zu gewöhnen, welches sich in den Bäumen des nahen Waldes brach und eine unwirkliche Atmosphäre erzeugte.

Der milde Wind hatte Blüten auf das Plateau geweht, die wie feine Schneeflocken, den kalten Steinboden überzogen. Polster von sattem Moos leuchteten von letzten Sonnenstrahlen, geküsst in den Zwischenräumen der Zinnen. Ein wilder Efeu streckte vorwitzig seine grünen Tentakel die Steinumrandung hinunter. Dicke, eierschalenfarbene Kerzen säumten die rauen Mauern, standen windgeschützt in regelmäßigen Abständen auf dem Boden davor. Wie in einem traurigen, romantischen Traum.

Inmitten dieser Idylle nahm sich die schlichte Holzbank in der Mitte des Plateaus merkwürdig aus. Jeanny betrachtete sie verwirrt und fragte sich, ob ER sich wohl die Mühe gemacht hatte, sie den ganzen Weg hierher und die steile, gewundene Treppe hinaufzuschleppen. Und vor allem: Wozu hatte ER sie hier hergebracht?

Ein weißer Umschlag lag, wie zufällig dort vergessen, mitten auf der Bank, gleich neben einem Messer, das aufschnappte wie das Maul eines Krokodils, wenn man einen bestimmten Knopf an dem Intharsien besetzten Griff drückte. "Für Jeanny" stand In breiten roten Lettern, die wie getrocknetes Blut aussahen, in seiner schönen geschwungenen Schrift auf dem jungfräulich weißen Papier.

Jeanny ging zu der Bank und nahm den Umschlag unschlüssig in die Hand. Nach kurzem Überlegen griff sie nach dem Messer, ließ es aufschnappen und schlitzte den Umschlag sorgfältig, um den darin befindlichen Brief nicht zu beschädigen, am oberen Rand auf.

ER würde wohl wollen, daß sie den Brief las. Sie war sich nur ein wenig unsicher, ob sie es jetzt tun durfte, oder ob er ihn ihr später persönlich überreichen wollte. Doch ihre Neugier war größer als die Unsicherheit. Er hätte ihr ja auch, bevor sie hierher kam, sagen können, was er von ihr erwartete.

Ein einzelnes Blatt lag darin. Sie klappte das Papier auf und fand, zu ihrer Belustigung, nur einen einzelnen Satz darauf in der gleichen feinen Handschrift, wie auf dem Umschlag geschrieben.
"Zünde bitte mit dem Feuerzeug, das Du neben der Tür in der Tasche findest, alle Kerzen an, nimm den Seidenschal heraus, verbinde Dir die Augen, setze Dich auf die Bank und warte dort auf mich!"

Jeanny lächelte still in sich hinein. Das war so typisch. für ihn. ER betrieb einen solchen Aufwand, den schäbigen, alten Turm so herzurichten, daß es seinen hohen Ansprüchen genügte, doch für sie hatte er nur einen einzigen lächerlichen Satz übrig.

Dieser Purismus, verbunden mit der innigen Liebe zum Detail, waren nur einige Facetten dieser vielschichtigen Persönlichkeit, die sie so faszinierte, ihr aber gleichermaßen eine tief empfundene Angst einflößte, weil sie sich außerstande sah ihn zu durchschauen, ja auch nur einen kleinen Teil des Ganzen, was ihn ausmachte zu erfassen und zu verstehen.

Doch genau dies machte sie so hungrig. Der leise Anflug von geheimnisumwitterter Gefährlichkeit, der ihn umgab, machte ihn so interessant. Wie wenn man sich einem Tiger nähert, der jederzeit zuschnappen kann, einen mit seinen scharfen Zähnen in Stücke zu reißen vermochte, aber dessen Anmut, Kraft und Eleganz man sich nicht entziehen kann.

Jeanny war sicher keine mutige Frau. Bisher hatte sie immer nach der Erfüllung einer festen, von gegenseitigem Respekt und Liebe erfüllten Partnerschaft gesucht und auch so manche in ihrem Leben gefunden, teilweise über Jahre gepflegt, und versucht ihre Passion, wie sie es selbst nannte, darin unterzubringen. Es war ihr selten gelungen.

Es war schwer, das hatte sie mehrfach mit leisem Bedauern feststellen müssen, die Liebe und ihren Hang zu Schmerz und Devotion unter einen Hut zu bringen, und sie war immer wieder auf Unverständnis gestoßen, wenn sie irgendwann den Mann, der sie liebte, der sie vielleicht sogar vergötterte, darum bat ihr weh zu tun.

Der Letzte, den sie darum gebeten hatte - der es getan hatte - war nach einiger Zeit dazu übergegangen, ihre Hingabe für sich zu nutzen. Hatte sie immer wieder zu Handlungen gezwungen, die sie ablehnte, und wenn sie ihn ihre Ablehnung spüren ließ, hatte er sie verprügelt.

Auf eine Art, wie sie es noch viel weniger wollte. Auf eine Art, die ihr nicht nur körperlich wehtat. Auf eine Art, die ihre Seele verletzte.

Dabei wollte sie doch nichts weiter als Achtung für ihre Hingabe.

Zu irgendeiner Zeit im letzten Jahr, als diese Beziehung ein jähes Ende fand, gab sie es auf, danach zu suchen. Sie hatte es satt, ihre Liebe zu verschenken und doch jedes Mal zu scheitern. Ein seltsamer Hunger trieb sie um. Ein innerer Drang, Neues zu erforschen. Noch tiefer in ihre, für sie selbst manchmal so unverständliche Seele einzudringen. Sie suchte ein Abenteuer. Und mit neuem Mut machte sie sich auf den Weg, es zu finden.

Zu dieser Zeit war ER ihr begegnet!

ER, mit seinem Charme, der bedächtigen Ruhe, mit der er ihr langsam näher kam. Er machte keinen zweiten Schritt vor dem Ersten. Machte keine Versprechungen, keine Spielchen, wie all die anderen Männer, die sie getroffen hatte, als ihr Hunger wuchs.

All Jene, die sich angepriesen hatten, sie sanft und einfühlsam an ihre Grenzen zu führen, die sich an ihrer labilen Psyche, die dem Wunsch zu gefallen Rechnung trug, aufgegeilt hatten, wie sadistische Kinder, die an irgendeinem Teich Frösche aufbliesen, nur um zu sehen, wie die armen Tiere sich im Todeskampf quälten, bevor sie starben.

Ihre Seele war gestorben, an einem Tag, der genau wie der heutige, von einer schwülen Hitze geprägt war, die einem in die Klamotten kroch, sich am Körper festklammerte und ihn mit einem feinen Schweißfilm überzog. Ihr Körper war von Striemen gezeichnet, als sie zitternd nach Hause fuhr, Tränen der Enttäuschung in den Augen. Als sie wieder mal einem bedauerlichen Irrtum aufgesessen war, zu finden was sie so schmerzlich begehrte.

Doch noch tiefer als der körperliche Schmerz, war der, der in ihrer Seele glomm. Nein, so wollte sie nicht behandelt werden, wie ein Stück Vieh, das man in eine Ecke trieb und domestizieren konnte, nur um seine eigene abartige Befriedigung zu finden, in der Erkenntnis zu baden, welch naives Fötzchen man da wieder gefunden hatte.

ER war anders! ER ließ sie IHN finden!

Zum ersten Mal hatte Jeanny das Gefühl verspürt, Zeit zu haben, ihr eigenes Tempo bestimmen zu können. ER machte nicht viele Worte, das mußte sie unumwunden zugeben, gab nur hie und da ein wenig von sich preis, wohldosiert, so daß für sie immer neue Fragen offen blieben, und doch immer so viel, um sie bei der Stange zu halten, doch das störte sie nicht im Geringsten.

Sie schrieb endlose E-Mails. Offenbarte sich und ihre geheimsten Sehnsüchte und Träume, die mit der Zeit immer intensiver - ja, "feuchter" wurden, ohne daß ER es je eingefordert hätte.

Wie eine seltsame Droge grub ER sich langsam in ihr Bewußtsein, raubte ihr nach und nach jeden einzelnen ihrer Sinne und spann ein Netz um sie, welches sie umgab wie ein Schutzschild, in dessen Mitte ER darauf wartete, wie eine fette Spinne, sie zu umgarnen und aufzufressen.

Als ER sie zum ersten Mal anrief, war sie endgültig infiziert. Stundenlang sprachen sie über alles Mögliche und ER erzählte ihr von seinen Phantasien. Beschrieb ihr im Einzelnen, was ER mit ihr tun wollte, wie ER sie berühren würde, sie streicheln, sie küssen, sie fesseln und ihr weh tun würde. Stumm hatte sie am Telefon gesessen, begierig jedes Wort in sich aufgesogen und ihr Inneres hatte gejubelt, wie ein Kind, dem man nach endlosen Monaten des Darbens eine Tafel Schokolade schenkt.

Ihr Hunger stieg ins Unermessliche und trieb sie vier Wochen später in einen Zug, der sie viele Kilometer weiter an den Ort brachte, wo ER auf sie wartete.

Und jetzt war es beinahe soweit!

Jeanny gab die Gedanken auf und machte sich daran, seinen Wünschen nachzukommen. Mit dem länglichen, silbernen Feuerzeug zündete sie alle Kerzen an. Manche mußten mehrfach entzündet werden - die Dochte waren in der abendlichen Feuchtigkeit, die mit klammen Fingern das Terrain eroberte, nass geworden und sie hatte Schwierigkeiten, sie mit der kleinen Flamme zu füttern. Ein weiches Licht breitete sich nach und nach über ihrem Kopf aus und bildete, dort wo es sich in der wachsenden Dunkelheit verlor, ein durchscheinendes goldenes Dach über dem Turm.

Dann entnahm sie der schwarzen Tasche einen ebenso schwarzen Seidenschal, setzte sich in die Mitte der Bank, die sich kühl unter ihren Beinen anfühlte, legte ihn vor ihre Augen und band ihn, wie er es gewollt hatte, am Hinterkopf zusammen.

Es war ihr unheimlich, das letzte Tageslicht und das sanfte Strahlen der zahlreichen Kerzen auszuschließen, sensibilisierte ihre anderen Sinne auf's Äußerste und jetzt schmeckte sie die würzige Luft, roch den unterschwelligen "alten" Gestank des Gebäudes, hörte den Ruf eines Käuzchens irgendwo im Wald, fühlte den kalten Stein unter ihren Füßen. Alles an ihr war hellwach, während sie so da saß und wartete.

Die Minuten schleppten sich dahin- träge Wanderer am Ende eines langen Gewaltmarsches. In ihrem inneren Stundenglas rann der Sand nur mühsam, durch ein viel zu kleines Loch. Ihr war kalt und ihre schlanken Hände klammerten sich an die Sitzfläche der Bank, so als müsste sie sich daran festhalten um nicht umzufallen.

Sie horchte bangen Herzens in die Stille, die nur von den immer noch unermüdlichen Schreien des Käuzchens unterbrochen wurde. Klein und verlassen kam sie sich vor- Rapunzel auf ihrem Turm, die nur darauf wartete, den Hufschlag des weißen Pferdes zu hören, das ihren Prinzen durch die Nacht zu ihr brachte, um sie zu befreien.

Und, davon war sie überzeugt, ER würde sie befreien, ihr Prinz. Befreien von dem intensiven Drang nach Schmerz und Erniedrigung. Von dem ewig währenden Kampf, der seit Wochen in ihr tobte. Dort, wo sich Vernunft und Abenteuerlust unentschiedene Schlachten lieferten. ER würde ihre Lust befreien, die wie ein Tier in einem viel zu engen Verließ hin und her lief und verzweifelt einen Weg nach draußen suchte. ER würde ihre Tränen befreien, die immer ein wenig zu dicht unter der kühlen Oberfläche ihrer starken Persönlichkeit lauerten, jedoch niemals ans Tageslicht kamen. ER würde ihr Schmerzen zufügen, wie ER es seinerzeit angekündigt hatte, würde sie hier auf diesem dunklen Turm, mitten auf der Bank, über seine Knie ziehen und seine warme Hand auf ihre kühle Haut legen, ihren Rundungen nachspüren, sie sanft streicheln. Sacht mit seinem Finger in sie eindringen, in ihre feuchte Mitte, sie begehrlich erforschen, darauf bedacht, die unbändige Lust zu entflammen, die seit Wochen unterschwellig in ihr wuchs. Dann würde ER zum ersten Hieb ausholen und seine Hand auf ihr Fleisch klatschen lassen. Einmal und dann immer wieder. So oft und so lange, bis ihre Tränen endlich erlösend einen Weg an die Oberfläche finden könnten. Bis sie komplett zerfloss!

"Ich werde Dir sehr sehr weh tun." hatte ER geflüstert und Jeanny hatte den Schauer gespürt, der sie, begleitet von einer Gänsehaut, von den Haarspitzen, den Rücken hinunter, bis zu den Zehen gänzlich erfasste. Wie ein Sommerregen war das leichte Schaudern ihren Körper hinuntergeflossen, als sie wie paralysiert von seiner sanften Stimme auf ihrem Sessel zu Stein erstarrte.

"Ich werde Dich fesseln- Deine Hände mit Seilen binden - Dich zwischen den Turmzinnen auf weiches Moos betten, so daß Du dort gefangen bist. Dann werde ich Dich mit meiner Peitsche züchtigen, Deinen Hintern, Deinen Rücken, Deine Beine, bis Du schreist! Ich werde eine Kerze nehmen, Dir Wachs über Deine zarte Haut gießen, sie verbrennen, die kleinen Rinnsaale Deinen Rücken hinunterschicken und Du wirst mich anflehen aufzuhören, doch ich werde nicht aufhören, bis Du nur noch wimmerst!"

"Ich werde Deine weichen Lippen küssen, Deinen zarten Hals, Deine geile, kleine Muschi. Dich mit meinem heißen Atem, meiner Zunge bis zum Wahnsinn treiben. Meine Hand in Deinem Haar vergraben und Deinen Kopf in den Nacken reißen, Dir ins Gesicht schlagen. Ich werde Dich mit einer Gerte verprügeln, Dich mit allem quälen, was mir zur Verfügung steht und Du wirst schreien, Du wirst weinen und Dich winden unter meinen Qualen, die ich für Dich bereithalte. Doch Dein Flehen, Deine Schmerzensschreie werden ungehört in der Dunkelheit verhallen."

"Ich werde Dir weh tun, doch ich werde Dich nicht verletzen. Sondern Dir gleichermaßen entsetzlichen Schmerz und unglaubliche Lust schenken, so wie Du es Dir heimlich immer gewünscht hast."

"Du wirst mir zu Willen sein. Alles tun, was ich von dir verlange und wenn du Dich mir verweigerst, werde ich Dich ein ums andere Mal bestrafen. Ich werde Dich brechen. Jeden Widerstand zerstören, Dich formen und gehorchen lehren!"

"Danach werde ich in Dich eindringen, so wie es mir beliebt und Dich ficken, bis Du kommst."

"Du wirst in die tiefsten Abgründe fallen und ich werde Dich dort unten sanft wieder auffangen!"

"Du wirst innerlich brennen, Du wirst 'Mein' sein, Dein Körper und Deine Seele werden nur noch mir gehören! Nur mir!"

Jeanny war angstvoll zusammengezuckt, wie ein Kind, bei seinen leisen Worten und seine ruhige Stimme war bis in den hintersten Winkel ihrer Seele gekrochen, hatte sich dort manifestiert, wie ein Virus, den sie nicht mehr los wurde, doch ihr Inneres hatte jubiliert.

"Ja!" schrie es in ihr.
Das wollte sie. Genau das! Ihre heimlichen Sehnsüchte, ihr tiefstes Verlangen begegneten ihr- wurden ihr in diesem Moment so bewußt, wie niemals zuvor. Sie wollte leiden unter seinen Händen, wollte gezüchtigt werden, seine Peitsche auf ihrer heißen Haut spüren. Schmerz und Lust erfahren, Liebe und Qual. Sie wollte sich ihm unterwerfen, ihm ihre Hingabe zum Geschenk machen. Sie wollte, daß er ihren Körper zeichnete, ihre Seele berührte.

Das hatte sie sich immer und immer wieder in ihren Tagträumen ausgemalt. Hatte sich selbst Geschichten erzählt, die von Folter und Schmerz sprachen. Heimliche Phantasien die immer wieder wie Seifenblasen zerplatzen, wenn sie versucht hatte sie in die Realität zu überführen. Doch jetzt...

Jetzt, heute war sie so nahe am Ziel ihrer Wünsche, daß sie es kaum noch aushielt. Unruhig rutschte sie auf der Bank hin und her.

Wenn ER nur kommen würde.

Jeanny schrak zusammen. Ganz in den Erinnerungen an diese Gespräche gefangen, hatte sie seine Ankunft offenbar verpasst. Eine Tatsache, die ihr plötzlich klar wurde, als sie die warme Hand spürte, die leicht, wie eine Feder über ihr Haar strich.

Endlich!

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