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Date Posted: 02:34:14 10/13/01 Sat
Author: Morgenmuffel
Subject: Re: Verunsicherung im Freundeskreis
In reply to: Soran 's message, "Re: Verunsicherung im Freundeskreis" on 19:16:29 10/12/01 Fri


Hallo Soran,
erst mal ein Danke dafür, dass Du Dir die Mühe gemacht hast, so ausführlich zu antworten.

>Jetzt mache ich mir aber schon Vorwürfe, weil wenn ich
>gepostet hätte,
>hättest Du es Dir vielleicht noch anders überlegt...

Also, Vorwürfe sind da überhaupt nicht angebracht.
Klar, dass ich selber auch das Für und Wider durchdenk und nicht nur auf die Beiträge hier angewiesen bin.

>Ich denke nicht, dass jemand die Pflicht hast, SO
>ehrlich zu Deinen Freunden zu sein,
>ganz besonders zu denen, die die unsere bzw. a.s.h.
>Ansichen und Überzeugungen
>evtl. nicht teilen.
>Das Recht hast Du aber nicht die Pflicht !

Sogar hier sind die Ansichten und Überzeugungen, was das Thema Suizid betrifft, extrem unterschiedlich. Und einige sind auch nicht besonders reflektiert.
Ich würde aber weniger von Recht und Pflicht reden. Ich hatte das Bedürfnis, als mir klar wurde, was das für mein Umfeld bedeutet.

>Wenn man einen Kontakt beibehalten will - darf man so
>lange die Selbstmordgedanken
>verschweigen wie man will !
>Denn es ist überhaupt nicht klar, OB Du Deinen
>Freunden damit einen Gefallen tust,
>und zwar in beiden Fällen
>1) Du bringst Dich doch
>nicht um ( jedenfalls so lange Ihr befreundet seit )
>2) Du bringst Dich um
>
>Im Falle 1. müssen sie sich die Frage stellen, wie
>weit sie gehen sollen,
>um Dich davon abzuhalten. Ich könnte mir vorstellen,
>dass solche Versuche Dir auch nicht gefallen,
>und sie werden sich Quällen mit der Frage: "was soll
>ich tun???"

Das denke ich nicht. Deshalb investier ich momentan auch so viel Kraft und Zeit, damit das nicht passiert.

>Im Falle 2. - was ist besser , dass sie sich fragen:
>"wie konnte ich so was nicht bemerkt haben?",
>oder "wieso habe ich es nicht verhindert?" Ich bin
>mir sicher - das zweite ist viel quälender !

Ich hoffe, dass ich es durch die mühsamen Gespräche schaffe, dass sie sich diese beiden Fragen nicht mehr stellen. Klar, dass ich auch erzähle, dass ich gerade eine intensive und erfolgreiche Therapie mache. Das nimmt doch auch das Gefühl, eine Verantwortung übernehmen zu müssen. Außerdem kennen sie mich als ziemlich unabhängigen Menschen, würden also wissen, dass sie keine Chance hätten, es zu verhindern, wenn ich endgültig dazu entschlossen bin.

>Denn *verstehen* kann man so was nicht, falls man es
>selbst nicht erlebt hat,
>egal wie nahe man dem Menschen steht !

Was gibt es daran nicht zu verstehen, wenn ich erzähle, wie meine ganz persönliche Hölle aussieht?

>Man verletzt Menschen, wenn man sich mit ihnen nicht
>"im Guten" trennt,

Was willst Du mit dieser Aussage ausdrücken?

>und normalerweiser ist auch direkte Lüge nicht
>erforderlich :
>man braucht Ruhe, will nicht gestört werden ---> ist
>auch wahr
>man hat keine Zeit ---> kann auch bedingt wahr sein
>man hat andere Interessen ---> diese Forum/Chat zum
>Beispiel, auch Interessen.

Diese „Lügen“ bring ich aber schon seit Monaten, das war bisher meine Methode, mich zu schützen.
Aber es ist unehrlich und belasteten mich auch enorm.
Und einige werden das auf sich beziehen: „Die sagt alles ab, weil sie nicht mit mir zusammensein will.“
Das find ich noch viel schlimmer, als wenn sie erst mal schockiert sind wegen meiner Ehrlichkeit.

>doch zu Sensibilität gehört auch einschätzen zu können
>wieviel einer oder anderer von der von diesen
>Geschichten vertragen kann,
>wo wird es ihm/ihr zu schwer diese Last zu tragen.

Gerade hier hab ich es aber gelernt, nicht immer für die ganze Welt Verantwortung übernehmen zu wollen. Wenn sie/er es nicht verkraftet, ist es ihre/seine Verantwortung, das auch zu sagen und sich zu schützen.

>Hätten wir überhaupt Freunde geworden, wenn wir uns
>jetzt kennengelernt hätten ?

Auch mit dieser Frage belaste ich mich nicht.
Ich gestehe meinen Freunden oder Noch-und-vielleicht-nicht-mehr-lange-Freunden eine gewisse Lernfähigkeit zu. Für mich ist es jetzt wichtig, mich so zu zeigen, wie ich bin. Entweder sie kommen damit zurecht oder nicht. Aber ich kann meine Suizidgedanken nicht wegzaubern. Sie gehören zu mir und meinem Wesen. Habe sie ja schon seit fast 33 Jahren.

>Nur bei einer Mitteilung über eigene
>Selbstmordgedanken kann man aber nicht
>mitten im Satz stehen bleiben, und ausserdem würden
>viele,
>gerade Deine Freunde, denken - es wäre ihre Pflicht
>weiter zu zu hören

Du liebe Güte, hoffentlich sieht das niemand als seine Pflicht an. Grausame Vorstellung.

>Sorry, wollte überhaupt nicht belehren oder gar
>verurteilen,
>ganz besonders weil auch noch irgendwie zu spät zu
>sein scheint ( ? ) ,

Was heißt zu spät?
Ich habe eine Entscheidung getroffen und muss nun mit der Reaktion klarkommen.
Das belastet mich enorm. Aber andererseits ist es genauso eine Qual, wenn man nicht ehrlich ist zu seinen Freunden und sie durch einen aus dem Nichts kommenden Freitod in 100 selbstzerstörende Fragen stürzt.
Ich steh zu dieser Entscheidung.
Mir fehlen aber „Modelle“, die mir helfen, diese Reaktionen besser zu ertragen. Drum hab ich hier gepostet.

Gruß, Morgenmuffel

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Replies:

• Re: Verunsicherung im Freundeskreis -- Soran, 04:43:06 10/13/01 Sat
  • Re: Verunsicherung im Freundeskreis -- Morgenmuffel, 10:32:36 10/13/01 Sat
    • Woher so viel Wut ? -- Soran, 17:07:42 10/13/01 Sat
      • Re: Woher so viel Wut ? -- Morgenmuffel, 18:14:43 10/14/01 Sun
        • Doppelt, wegen HTML-Fehler in dem Ersten -- Soran, 14:15:46 10/15/01 Mon